Die Stufen - Lust oder Last?

(aus: Schlaglichter Nr.55/02)

Gesellschaftliche Entwicklungen bedeuten für unseren Verband ständig neue Herausforderungen. Auf dem Leiterkongress in Gernsheim haben sich kürzlich Leiter/-innen mit der Frage beschäftigt, wo es mit der DPSG hingehen soll, und wie wir „zukunftsfähig" bleiben. In den nächsten Monaten werden wir uns mit dieser Frage auf allen Ebenen und in vielen Gremien weiterbeschäftigen. Der Leiterkongress war dafür der Auftakt, er hat eine Menge Fragen aufgeworfen und Themen benannt, die anzugehen es gilt.

Wir werden diesen Prozess in der vorliegenden Rubrik „Quo vadis DPSG?" der Schlaglichter begleiten. In jeder Ausgabe werden wir dazu Fragen aus unserer Sicht beleuchten, um die Diskussion auf allen Ebenen anzuregen.

Braucht die DPSG wirklich vier unterschiedliche Konzepte?

Wie kaum ein anderer Jugendverband hat die DPSG vier durchorganisierte Altersstufen. Und aus ihren Anspruch heraus, ein pädagogischer Jugendverband sein zu wollen, steht hinter den Stufen natürlich weit mehr als die bloße Zuordnung von Alter in eine bestimmte Gruppe. Für jede Stufe gibt es identitätsstiftende Symbole und Farben, mehr oder weniger schlüssige Konzepte und jeweils eine eigene Pädagogik.

Zugeschnittene Ausbildung

Dementsprechend ist es auch für Gruppenleiter von elementarer Bedeutung, in welcher Stufe sie Leiter sind. Spätestens bei den Woodbadgekursen ist die Ausbildung speziell auf Wölflings-, Jufi-, Pfadi- oder Roverleiter zugeschnitten. „Wofür das alles?" haben sich sicher schon einige Leiter gefragt, vielleicht vor allem dann, wenn mehrere Kurse oder Veranstaltungen in einer Stufe gerade wieder einmal ausgefallen sind.

Stufen aus Tradition?

Doch meistens wird dieses Frage mehr oder weniger tabuisiert. „Das ist einfach so und war schon immer so." Doch diese Antwort allein reicht eben nicht aus. Wenn wir zukunftsfähig sein wollen, müssen wir uns auch über festgewachsene Strukturen unterhalten. „Sind sie noch sinnvoll?", „Können wir sie uns noch leisten?" - Ganz gleich, wie das Ergebnis ausfällt, sollte man sich mit diesen Fragen beschäftigen.

Und bleiben wir doch einfach einmal bei der Ausbildung und bei unserem Diözesanverband stehen. Funktionierende Stufenarbeit braucht funktionierende Arbeitskreise und motivierte Referenten. Einige Arbeitskreise auf Diözesanebene sind zwar überlebensfähig, aber keinesfalls in optimaler Größe bestückt.

Kaum Stufenarbeit im Bezirk

Blickt man eine Ebene tiefer, so offenbart sich, dass im Bezirk kaum oder keine Stufenarbeit möglich ist, weil sich noch nicht einmal ein Referent für die Bezirksleitung findet. Und wenn man dann doch einen findet, dann ist die Frustration oft groß, wenn von den sowieso nicht massig vorhandenen Leitern einer Stufe kaum welche zu Treffen erscheinen.

Neue Lebenswirklichkeiten von Leitern

Motivation von Referenten und Leitern hin oder her – wir müssen einfach anerkennen, dass Pfadfinderarbeit für viele Leiter nicht Lebensmittelpunkt, sondern eine von vielen Freizeitbeschäftigungen darstellt. Der Personenpool, der sich engagiert oder zumindest bereitwillig an Treffen teilnimmt, wird stetig kleiner. Was also kann man tun, um trotzdem die Arbeit aufrecht zu erhalten?

Blick über den Tellerrand

Schauen wir uns einmal um: In vielen Verbänden gibt zwar vor Ort auch mehr als zwei Gruppen verschiedenen Alters, aber die komplette Separation der verschiedenen Altersstufen durch alle Ebenen hinweg, sucht man vergeblich. Zumeist findet man höchstens noch die Unterscheidung zwischen Kinder- und Jugendstufen, auf Gruppenleiterkursen spielt selbst das keine Rolle mehr.

Das führt dazu, dass Gruppenleiterkurse seltener ausfallen. Die Frustration sich auflösender AKs ist wesentlich geringer (weil es eben nicht vorgeschriebenermaßen vier Stück davon geben muss). Und wenn wir mal ganz ehrlich sind, ist es ja mittlerweile in den seltensten Fällen so, dass Leiter, die längerfristig in der DPSG aktiv sind, auch wirklich in ihrer Stufe bleiben. Allzu häufig müssen sie da ran, wo Not am Mann (oder besser Not im Stamm) ist. Andere Stämme wiederum zelebrieren den Stufenwechsel sowieso gar nicht oder sehr eigenwillig: Die komplette Stufe inklusive Leiter wechselt dann einfach.

Stufen machen Sinn – trotz Problemen

Also bräuchten wir die Stufen gar nicht? Doch! Nach wie vor halte zumindest ich das Konzept der vier Altersstufen in der DPSG für schlüssig. Und jeder, der sich die Mühe macht, einmal einen Blick in das entsprechende Leiterhandbuch oder die Ordnung zu werfen, wird merken, dass die Einteilung Sinn macht und sich viele kluge Leute viele kluge Gedanken über die Stufenkonzepte gemacht haben.

Die sind im übrigen auch nicht steif und starr, sondern werden immer wieder der aktuellen Lebenswirklichkeit angepasst. Auch auf stufeninternen Ausbildungsveranstaltungen ist es natürlich interessanter, sich mit jemandem austauschen zu können, der Kinder in etwa gleichem Alter betreut wie man selbst.

Kräfte bündeln

Die Stufen machen also schon Sinn – doch wie kann man den schwierigen Umständen gerecht werden: Die Rover- und Pfadfinderstufe haben es vorgemacht: Wenn nötig (und auch nur dann), müssen eben Kräfte gebündelt werden. Wenn WBKs einzelner Stufen nicht statt finden können, muss man eben die Kurse zweier benachbarter Stufen zusammenlegen. Zumindest weit besser, als gar keine anzubieten.

Dasselbe könnte auch in anderen Bereichen funktionieren. Bevor es auf Bezirksebene gar keine Stufenarbeit gibt, sollte man vielleicht darüber nachdenken, die Kinderstufen- (Wö und Jufi) und die Jugendstufen-Leiter (Pfadi und Rover) zusammen zu Treffen einzuladen. Und vielleicht ist es sogar sinnvoller, zwei Kinderstufen- und zwei Jugendstufen-Referenten in einer Bezirksleitung sitzen zu haben, die gemeinsam und mit Spaß Treffen vorbereiten, als alle Stufen einzeln besetzt zu haben (was wohl in Mainz sowieso die Ausnahme sein dürfte).

Strukturen als Hilfe

Und letztendlich sollte man nie aus den Augen verlieren: Die Strukturen sollen eine Hilfe sein und für die Leiter da sein und nicht umgekehrt.

Marcus Ohl, MdR

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