„Kinder können mehr“ – wenn man sie lässt!

(aus: Schlaglichter Nr.56/02)

Arbeitshilfe zur Kindermitbestimmung liefert viele Ideen für die Praxis

Wer hoch theoretische Abhandlungen oder mehrere hundert Seiten lange Praxisratgeber leid ist, für den haben wir passend zu unserem Thema „Demokratie und Mitbestimmung“ in dieser Ausgabe genau den richtigen Buchtipp: Die 37-seitige Broschüre „Kinder können mehr – Eine Arbeitshilfe zur Kindermitbestimmung in der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg“ hält neben anschaulichen Erklärungen viele Tipps und Anregungen für die Praxis parat.

Nach einer kurzen Einführung setzen sich die Autoren Markus Dresel, Anna Eberle und Holger Busch zunächst mit Argumenten auseinander, die augenscheinlich gegen Kindermitbestimmung sprechen. Zu den Standpunkten Kinder seien überfordert, leicht verführbar und hätten sowieso keinen Spaß an einer Versammlung nehmen sie ebenso Stellung wie zur Aussage, eine Versammlung sei mit Kindern nicht mehr ernsthaft genug. Wo sie die Gegenargumente nicht vollständig widerlegen können, appellieren die Autoren an die Leiterinnen und Leiter, ihren Auftrag als Anwalt der Kinder ernst zu nehmen.

In kurzen Abschnitten geht das Autorenteam anschließend auf grundsätzliche Elemente der Kindermitbestimmung ein. „Was Kinder brauchen“, betiteln sie dieses Kapitel. Die genannten Punkte, wie überschaubare Strukturen und Regeln, verständliche Sprache oder angenehme Atmosphäre, sind Grundvoraussetzungen, dass Kindermitbestimmung – ganz gleich wo sie angewendet wird, gelingen kann. Und so lohnt es sich auch für den Alten Hasen, immer wieder einmal einen Blick in dieses Kapitel zu werfen und sich bewusst zu machen, auf was es ankommt, wenn wir unseren Kindern zu ihrem Recht auf Mitbestimmung verhelfen wollen.

Ein eigenes Kapitel ist dem Diskutieren mit Kindern gewidmet. Richtig so, denn wenn man die Meinung von Kindern einholen will, muss man mit ihnen ins Gespräch kommen und mit ihnen diskutieren. Auch für die Diskussion unter den Gruppenkindern selbst muss eine entsprechende Atmosphäre geschaffen werden. Tipps zu Gesprächsregeln und –leitung finden sich hier ebenso wie zu Diskussionskultur und Abstimmungsmethoden.

Da die Projektmethode die Methode in der DPSG ist, um gemeinsam zum Handeln zu kommen, widmen sich die Autoren auch diesem Thema. Wo sonst, wenn nicht bei ihrem eigenen Projekt, können Kinder besser lernen, mitzubestimmen und die Konsequenzen ihrer Entscheidung zu tragen? In aller Kürze wird die Methode nochmals erklärt, bevor viele Praxistipps zur Ideenfindung gegeben werden. Da das Bearbeiten des Themas sehr individuell verschieden ist, sind dort auch nur allgemeine Anregungen gegeben. Bei den vorgeschlagenen Reflexionsmethoden vermisst der Leser allerdings eine breitere Vielfalt und vor allem kindgerechtere Ideen.

Der Höhepunkt der Kindermitbestimmung ist das Recht, beim höchsten beschlussfähigen Organ des Stammes, der Stammesversammlung, mitzuwirken. Dieses Recht ist sogar in der Ordnung des Verbandes festgeschrieben. Aufgrund der Wichtigkeit dieses Mitbestimmungsrechts, aber auch deshalb, weil es aufgrund organisatorischer oder sonstiger Probleme in vielen Stämmen immer noch nicht umgesetzt wird, geben die Autoren auf knapp 15 Seiten viele Ideen und konkrete Hilfestellungen. Neben Tipps zu Rahmen, Berichten, Wahlen, Debatten lenken sie den Blick auch auf die wichtige Vor- und Nachbereitung der Versammlung.

Der Appell, Kindermitbestimmung in die Praxis umzusetzen, und ein kleines Literaturverzeichnis runden die durchweg gelungene Arbeitshilfe ab. Wer also mehr Kindermitbestimmung in seinen Stamm bringen will, sollte sich die Arbeitshilfe zulegen. Alle anderen erst recht.

Ach übrigens: Wem die 3,50 Euro Anschaffungskosten zu hoch sind, kann die Broschüre aus dem Rüsthaus auch im Diözesanbüro ausleihen.

Marcus Ohl, MdR

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