Leiter-Veranstaltungen – vom Aussterben bedroht?

(aus: Schlaglichter Nr.57/02)

Warum Leiterkongress und Co. ausfallen und was dagegen getan werden kann: Ein Erklärungsversuch

“Mist! Schon wieder ein Treffen ausgefallen!” Kaum jemand, der schon länger in der DPSG mitarbeitet, kennt diesen leidvollen Satz nicht. Dabei ließe sich das “Treffen” beliebig durch die Wörter Veranstaltung, Ausbildungskurs oder Aktion ersetzen. Im Moment scheinen sich solche Ausfallerscheinungen zu häufen. Wie kann man diesen Trend wenden, fragen sich sicher nicht nur die Bezirke und die Diözesen, sondern auch StaVos und frustrierte Leiter. Grund genug, in dieser Ausgabe ein Schlaglicht auf dieses Problem zu werfen.

Motivationsschwund immer größer?

Fangen wir doch gleich mit einer der unschönsten Eigenschaften des Themas an: der Motivationsschwund für Veranstaltungen aller Art verstärkt sich meistens selbst immer mehr. Damit ist gemeint, dass immer mehr Leiter von dieser “Krankheit” angesteckt werden. Wer selbst aktiv ist und mehrmals den Ausfall am eigenen Leib erlebt, wird bei sich selbst spüren, dass die Motivation immer mehr nachlässt. Und wie eine Lawine bahnt sich das Problem immer weiter seinen Weg und wird dabei immer größer. Und ist es schon unangenehm, Teilnehmer einer ausgefallenen Veranstaltung zu sein, so ist es noch viel schlimmer, selbst Herzblut hinein gesteckt und mit vorbereitet zu haben – umsonst.

Jetzt wären wir keine Pfadfinder, wenn wir den Kopf in den Sand stecken würden, am Ende gar behaupteten, wir bräuchten einfach keine gemeinsamen Treffen, Veranstaltungen, Aktionen. Denn davon lebt schließlich das Pfadfindertum. Also heißt es: Genau hinsehen, wo es fehlt. Wie müssen Angebote verändert werden, auf welche äußeren Faktoren sollte geachtet werden? Das sind nur zwei von zahlreichen Fragen, die man sich stellen kann und soll.

Die Diözesanleitung hat sich eben dieses vorgenommen, schließlich ist mit dem Leiterkongress nun erstmals auch eine große Diözesanveranstaltung ausgefallen. Vielleicht helfen die Überlegungen auch, das Problem vor Ort anzugehen, wieder mehr Motivation und Begeisterung zu schaffen und den momentan ein wenig verschlafenen pfadfinderischen Geist wieder zu wecken.

Mehr Angebote – weniger Verband?

Zunächst einmal kann man natürlich den weiten Blick in die Gesellschaft wagen. Vieles hat sich verändert und macht natürlich auch vor den Pfadfindern nicht halt. Die wenigsten, die diese Zeilen lesen, werden all ihre freie Zeit dem Verband mit den vier Buchstaben widmen können oder (berechtigterweise) wollen. Eine Vielzahl an Angeboten strömt nicht nur auf unsere Gruppenkinder, sondern auch auf uns selbst ein. In den Gruppen wird über mangelnde Bindung an die Gruppen geklagt, selbiges lässt sich eben auch bei der Bindung der Leiter an den Verband beobachten. Für viele ist eben einfach nach der Leiterrunde im Stamm Schluss. Und selbst dort zählen Pfadfindertermine nicht immer zu den angesagtesten. Je weiter die Ebene dann vom einzelnen Leiter weg ist, desto geringer scheint die Chance, ihn zu erreichen und begeistern zu können.

Moderne Medien – die Lösung aller Probleme?

Moderne Medien sind zum Standard der Kommunikation geworden. Doch wäre das die Patentlösung, um mehr Gruppenleiter zu erreichen? Ich glaube nein. Natürlich dürfen wir uns keinesfalls von moderner Kommunikation abnabeln (im Gegenteil!). Jedoch wird immer deutlicher, dass trotz (oder eher: wegen) der Vielzahl an medial vermittelten Angeboten stärker die einfachste Ebene der Kommunikation an Bedeutung zur Auswahl aus den Angeboten gewinnt. Konkret heißt das, ich wähle bei den Angeboten aus neuen Medien aus, indem ich mich aus älteren Medien (TV, Bücher, Zeitung) bediene. Welche Medien ich hier wiederum wähle, hängt davon ab, mit wem ich mich wie verbal austausche. Und das wiederum hängt davon ab, dass ich auf nonverbaler Ebene entscheide, ob und mit wem ich mich unterhalte. Langer Rede kurzer Sinn: die direkte Kommunikation ist die Sinnvollste, um wirklich Leute zu erreichen – auch im Medienzeitalter.

Mehr direkte Kommunikation?

Ein Ziel könnte also sein, näher an die potentiellen Teilnehmer einer Veranstaltung heranzurücken. Wie das funktionieren kann, würde jetzt allerdings den Rahmen dieses Artikels sprengen. Außerdem müsste sich der Autor intensiver damit beschäftigen, als er momentan dazu in der Lage ist.

Mit der direkteren Kommunikation könnte man vielleicht ein weiteres Hindernis beseitigen: Viele junge Gruppenleiter wissen gar nicht was und vor allem wer sie bei Veranstaltungen erwartet. Wenn die Teamer bekannt und akzeptiert sind, ist das sicher für viele ein Grund, sich zu einer Veranstaltung anzumelden. Wer kauft schon gerne die Katze im Sack?

Die große Zahl an Angeboten, die auf Gruppenleiter einströmt, wurde bereits angesprochen. Eine Vielzahl an Angeboten bedeutet auch gleichzeitig eine Spezialisierung von Angeboten – oder zumindest eine Profilierung. Allgemeine Angebote, die einfach nur “Leiterausbildung” heißen, reichen heute nicht mehr. Mehr denn je sind spezielle Themen gefragt. Die gilt es herauszufinden und aufzugreifen. So fehlte beispielweise eine spezielle Ausbildung für StaVos. Diese Lücke wurde geschlossen und die Veranstaltung auch gerne angenommen.

Welche Angebote sind gefragt? Auch unsere?

Was wären momentan Themen, die gefragt sind? Nicht immer können Veranstalter überblicken, was angesagt ist. Daher sind Wünsche und konstruktive Vorschläge immer sinnvoll. Vielleicht aber sind die Angebote gar nicht so verkehrt, nur wird nicht deutlich genug, dass sie wirklich eine Arbeitserleichterung bringen oder zumindest eine Horizonterweiterung oder eine Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit bewirken. Dazu kommt natürlich stets noch eine gehörige Portion Spaß. Wenn das nicht vermittelt werden kann (und da geht es der Diözesanebene nicht anders als den Stämmen vor Ort), dann sind die Informationen zur Veranstaltung mangelhaft ( zum Beispiel Ankündigungen in den Schlaglichtern, Einladungen...), und es müssen die Ursachen dafür gesucht und hoffentlich gefunden werden. Zwar nicht auf Dauer aber zumindest punktuell könnten auch “Bonbons” (bitte nicht ganz wörtlich nehmen) helfen, die Motivation zu steigern. Eine besondere Einladung, ein animativer Einstieg können manchmal Wunder wirken. Aber dann bitteschön auch halten, was man verspricht. Außerdem sollten solche Bonbons nur Neugier wecken und nicht zum alleinigen Anlass werden, eine Veranstaltung zu besuchen.

Die leidige Terminfrage?

Letztlich müssen mittlerweile beim Planen von Ereignissen, die man nicht alleine sondern mit vielen anderen verbringen möchte, ganz einfache organisatorische Dinge beachtet werden. Wie ein Stamm einen Klausurtag nicht unbedingt am Morgen nach dem Geburtstag eines Leiterrundenmitglieds legen sollte, so sollte eine Diözese beim Planen von Veranstaltungen die Bezirke, eventuell auch die Stämme im Blick haben. Dass das nicht ganz so einfach ist, erleben wir immer wieder. Hier ist eine stärkere Vernetzung aller Ebenen gefragt.

Wagt es! Immer wieder!

Und letztlich gilt, was wohl für Pfadfinder immer gelten sollte: Niemals entmutigen lassen, immer wieder neue Wege beschreiten, andere Lösungen ins Auge fassen und immer wieder einen neuen Anfang wagen. Wenn wir selbst aufhören, begeistert an eine Sache heran zu gehen, werden wir auch niemand anderen begeistern. Und bei Pfadfinder-Veranstaltungen kann man eigentlich immer sicher sein, dass sich die eingebrachte Zeit lohnt – meist sogar nicht nur für andere oder sich selbst, sondern für andere und sich selbst. In diesem Sinne freue ich mich, Euch auf dem nächsten Pfadfinder-Event zu treffen, ob beim Vorbereiten, Dasein oder Mitmachen Euer

Marcus Ohl, MdR

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